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sachbuch

Cover für „Mein Bericht an die Welt – Geschichte eines Staates im Untergrund“ von Jan Karski

Mein Bericht an die Welt – Geschichte eines Staates im Untergrund

Jan Karski

Am 28. Juli 1943 traf ein polnischer Untergrundkämpfer in Washington den amerikanischen Präsidenten T. Roosevelt. Sein Name war Jan Karski und er war nicht irgendein selbsternannter Sprecher des polischen Widerstandes, sondern eine seiner zentralen Figuren. Aus eigener Anschauung konnte er von der Lage in Polen berichten, von den Greueltaten der Deutschen und der Situation der Juden, insbesondere im Ghetto von Warschau und in den Lagern. Wirkung hatte diese Unterredung nicht. 40 Jahre später wurde Karski einer der wichtigsten Zeugen in Claude Lanzmanns film „Shoah“.

Jan Karski kam 1914 als Jan Kozielewski in Lodz zur Welt und wollte eigentlich Diplomat werden. Ohne Hitler und den Krieg wäre er dies auch geworden. Der Kriegsbeginn 1939 unterbrach seine Karriere und führte zu seiner Einberufung. Auf der Flucht vor den Deutschen wurde seine Einheit von russischen Truppen gefangengenommen und sollte den Deutschen überstellt werden. Er konnte während des Transports fliehen und schlug sich zu Fuß nach Warschau durch. Nach kurzer Zeit im Untergrund reiste er über Budapest und Paris nach Angers zur polnischen Exilregierung, die ihn mit wichtigen Kurierdiensten beauftragte. Jüdische Partisanen schleusten ihn heimlich ins Warschauer Ghetto und in ein Konzentrationslager, wo er Augenzeuge der Judenvernichtung wurde. Von der Gestapo verhaftet und gefoltert konnte er erneut fliehen und wurde von der polnischen Exilregierung nach England und in die USA geschickt, um dem englischen Außenminister Anthony Eden und T. Roosevelt persönlich Bericht zu erstatten.

Doch weder in London noch in Washington hatten seine Berichte nachhaltige Wirkung. Als Untergrundakteur war Karski dann jedoch nicht mehr zu verwenden. Er blieb in New York und diktierte innerhalb kurzer Zeit einen autobiographischen Bericht. „Story of a Secret State“ erschien Ende 1944 als Buch und hatte großen Erfolg. Der Autor wurde Hochschullehrer in den USA und sprach nicht mehr über seine Erlebnisse bis ihn Claude Lanzmann 1978 zu einem langen Interview überreden konnte, das eine wesentliche Grundlage seines Films „Shoah“ wurde. 1982 reiht ihn Israel in die Liste der „Gerechten“ ein.

Jetzt endlich ist Karskis Buch auch in Deutsch erschienen. Es ist heute nicht mehr das einzigartige Dokument, das es 1944 war, aber seine Qualitäten machen es auch heute noch lesenswert. Karski hat eine sehr plastische Erzählweise, viele Dialoge machen das Lesen leicht, lebendig und spannend. Dass Karskis „Bericht an die Welt“ erst durch Claude Lanzmann wieder ins Bewusstsein gerufen wurde, sollte nicht dazu verleiten, ihn hauptsächlich für ein Buch über die Vernichtung der Juden zu halten. Vielmehr handelt es sich, wie der deutsche Untertitel sagt, um die „Geschichte eines Staates im Untergrund“. Und diese ist vielen (Deutschen) neu und hat nichts von ihrer erzählerischen Kraft eingebüßt.

Erschienen bei Suhrkamp Taschenbuch / 12,99 €

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